Tierhaltung gehört dazu
Auch wenn wir es wollten: Aus dem Aufwuchs unseres Grünlandes können wir keine Produkte für den direkten menschlichen Verzehr erzeugen. Deshalb ist die Veredlung – so nennen wir wird die Umwandlung von pflanzlichen Produkten in höherwertige Tierprodukte – des Grünlandaufwuchses über die Tierhaltung die mit Abstand wichtigste Nutzungsmöglichkeit für Grünland. Anders gesagt: Erst die Tierhaltung macht Wiesen und Weiden nutzbar.
Braucht Pflege
Der überwiegende Teil der Flächen, die wir heute als Grünland bezeichnen, ist durch die jahrhundertelange Nutzung mit Viehhaltung durch unsere Vorfahren entstanden. Wegen ihrer geringeren Bodenqualität, ihrer häufigen Lage am Hang oder wegen des ungünstigeren Klimas sind diese Flächen – auch heute noch – in der Regel nicht als Ackerland nutzbar. Würden wir es nun einfach unterlassen, das Grünland zu nutzen und zu pflegen, würden Wiesen und Weiden nach und nach verbuschen und verwalden; das nimmt zu guter Letzt nicht nur unseren Tieren die Futtergrundlage, sondern führt auch zu einer Veränderung und zum Verlust der Artenvielfalt. Viele Arten sind nämlich auf offene Grünlandflächen angewiesen.
Futter, Strom und Landschaftsbild
Wir hessischen Bauern nutzen den Futteraufwuchs auf verschiedene Weisen. Unsere Grünlandflächen werden entweder durch Wiederkäuer, Pferde und Geflügel beweidet oder wir ernten den Aufwuchs und verfüttern ihn frisch oder konserviert als Heu oder Silage. So kann die Futtergrundlage auch für den Winter gesichert werden, wenn im Winter das Gras nicht wächst. Dabei leistet das Grünland auch einen wichtigen Beitrag zur Eiweißversorgung unserer Tiere.
Ergänzend zur Tierhaltung kann die energetische Verwertung des Grünlandaufwuchses in Biogasanlagen für uns Bauern eine attraktive Nutzungsalternative sein und einen wichtigen Baustein der Energiewende darstellen. Jede vierte Biogasanlage nutzt auch Grünlandaufwüchse als Substrate.
Hessen deutlich über dem Schnitt
In Hessen sind fast 40 Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche Dauergrünland – das sind circa 290.000 Hektar. Hinzu kommen noch einmal etwa 12.000 Hektar Grasanbau auf unseren Ackerflächen. Damit ist Hessen im Bundesvergleich ganz schön grün dabei! Der durchschnittliche Anteil von Grünlandflächen an der gesamten Landwirtschaftsfläche liegt in Deutschland bei vergleichsweise nur knapp 30 Prozent. Vor allem in den hessischen Mittelgebirgslagen – wie dem Waldecker Upland, dem Vogelsberg, der Rhön oder dem Odenwald – finden wir die Kombination aus Rinderhaltung und Grünlandbewirtschaftung vor.
Kulturlandschaft voller Vielfalt
Auf unseren intensiver genutzten Wiesen wachsen Grasarten wie zum Beispiel Deutsches Weidelgras, Wiesenfuchsschwanz oder Glatthafer. Auch verschiedene Kleearten sind typisch. Klee ist eine wertvolle Futterpflanze und gehört zu den Leguminosen. Leguminosen können mit Hilfe von Knöllchenbakterien an den Wurzeln Stickstoff aus der Luft binden, welcher für die Pflanze selbst als wertvoller Dünger dient. Dadurch enthält der Klee viel Eiweiß und verbessert den Boden. Es wachsen aber auch unerwünschte Arten, die die Tiere nicht mögen, andere und nahrhafte Pflanzen verdrängen oder unseren Tieren sogar gefährlich werden könnten. Beispiele dafür sind das Jakobskreuzkraut oder die Herbstzeitlose. Deren Ausbreitung auf unseren Grünlandflächen versuchen wir natürlich zu verhindern. Eine Grünlandfläche gilt als ausgewogen, wenn auf ihr etwa 50 bis 70 Prozent Gräser und 30 bis 50 Prozent Kräuter und Leguminosen wachsen. Je nach Region, Boden und Bewirtschaftung bereichern andere Gräser und Kräuter das Grünland, zum Beispiel Flockenblumen und Wiesensalbei. Bis zu 90 Pflanzenarten können auf extensiven Grünlandstandorten pro Quadratmeter gezählt werden. Im Jahr 2021 haben wir hessischen Bauern mit über 60.000 ha an Grünlandextensivierungsprogrammen des Landes teilgenommen. Für Standorte, die sich für eine intensive Grünlandnutzung weniger eignen – beispielsweise Hanglagen, niederschlagsarme Standorte oder qualitativ geringwertige Böden – eignet sich die Mutterkuhhaltung in besonderer Weise. Aber auch die Beweidung durch Schafe und Ziegen konzentriert sich auf solche Extensivstandorte. Unsere Vorfahren haben mit Grünland einen wichtigen Bestandteil der Kulturlandschaft in Hessen geschaffen. Oder könntet Ihr euch z. B. die Rhön ohne gepflegte Wiesen und Weiden vorstellen?
Grünland hat den Klimabonus!
Grünland speichert das Treibhausgas CO2 in Form von Humus in unseren Böden und hält es damit effektiv von der Atmosphäre und der Treibhauswirkung fern. Für das Klima erfüllt das Grünland also als CO2-Senke eine elementare Funktion. Nur mal zum Vergleich: Während in Ackerböden in Deutschland durchschnittlich etwa 96 Tonnen organischer Kohlenstoff je Hektar gespeichert werden und in Waldböden etwa 119 Tonnen je Hektar, sind es im Grünland aufgrund der intensiven Durchwurzelung und der dauerhaften Pflanzenbedeckung im Durchschnitt ganze 135 Tonnen je Hektar. Circa zwei Drittel davon befinden sich in den obersten 30 Zentimetern unserer Grünlandböden.
Durch die Pansenprozesse der Wiederkäuer während der Verdauung wird das Treibhausgas Methan frei. Dabei spielt es für die Methanentstehung grundsätzlich keine Rolle, ob das Grünland von wilden Wiederkäuern (z. B. Büffel, Hirsche oder Gnus) oder von unseren wiederkäuenden Nutztieren verwertet wird. Durch seine Oxidation in der Atmosphäre mit Sauerstoff zu CO2 und H2O ist Methan Teil des natürlichen CO2-Kreislaufes. Dadurch beträgt die Halbwertszeit von Methan in der Atmosphäre nur etwa zwölf Jahre und wird nach seiner Zersetzung erneut von Pflanzen als CO2 für die Photosynthese genutzt und damit im Grünlandaufwuchs gespeichert. Der CO2 Kreislauf ist damit geschlossen. Der Temperatureffekt von biogenem Methan kann damit überhaupt nicht mit den CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger gleichgesetzt werden. Im Gegenteil: Gleichbleibend große Tierbestände haben keinen wachsenden negativen Effekt auf unser Klima.
Schützenswert
Nicht nur wir Bauern sind für den Schutz des Grünlandes verantwortlich, auch für Besucher unserer Wiesen und Weiden gibt es wichtige Spielregeln zu beachten. So ist z. B. die Verunreinigung vom Futter unserer Tiere mit Hundekot nicht nur unappetitlich, sondern auch eine große Gefahr: Es können Krankheiten auf unsere Tiere übertragen werden, die im schlimmsten Fall zu Fehlgeburten bei unseren Rindern führen. Es ist sogar gesetzlich festgelegt, dass Grünland von Anfang März bis Ende Oktober von Hunden nicht betreten werden darf, weil in dieser Zeit nicht nur das Futter für unsere Tiere wächst, sondern auch viele Wildtiere brüten und ihre Jungen absetzen. Wusstet ihr, dass wir hessischen Bauern in betroffenen Gebieten unsere Wiesen vor der Mahd absuchen oder mit Drohnen und Wärmebildkameras abfliegen, um Rehkitze zu finden, damit sie keinen Schaden tragen? Außerdem nutzen wir schrille akustische Signale an unseren Traktoren, die Wildtiere aufschrecken und von den zu mähenden Flächen fernhalten. Wer Hunde anleint, handelt also ebenso vorbildlich wie all diejenigen, die ihren Müll vom Feld- und Wiesenspaziergang wieder mit nach Hause nehmen. Denn nicht nur Dosen- und Flaschenmüll kann unsere Tiere verletzen, auch achtlos weggeworfene Beutel samt Inhalt können in das Viehfutter gelangen oder zu Schäden an unseren Maschinen führen. Habt ihr schon einmal unseren Treffpunkt Feld und Wiese gelesen?