Alles nur Schein?
Natürlich wisst ihr, dass Erdbeeren an kleinen, krautartigen Stauden nahe des Bodens wachsen. Und auch ohne strahlend rote Früchte sind Erdbeerpflanzen eigentlich ganz leicht an ihren zackigen, grünen Blättern und feinen, weißen Blüten zu erkennen. Doch ist es überhaupt richtig, Erdbeeren als Früchte zu bezeichnen?
Wusstest du schon, dass sich die Pflanzen über Ausläufer ihrer Wurzeln oder die Samen ihrer Früchte vermehren? Denn bei der Erdbeere sitzen die Samen nicht – wie bei Johannisbeeren oder Himbeeren – im Fruchtfleisch, sondern als winzige, hellgrüne Nüsschen außen auf der tiefroten Frucht. Daher bezeichnet man sie auch als Sammelnussfrucht. Erdbeeren sind also „nur“ Scheinfrüchte.
Grenzenlose Vielfalt
Insgesamt gibt es etwa 1000 verschiedene Sorten von Erdbeeren. Die Vielfalt in Bezug auf Farbe, Größe und Form ist enorm. Je nach Sorte und Region können Hessens Erdbeerbauern ihre Felder zwei bis drei Mal in einer Saison ernten. Mit frühen bis späten, teils mehrfach tragenden Sorten ist es möglich, dass von Mitte Mai bis in den Oktober hinein ständig frische hessische Erdbeeren angeboten werden können.
Fruchtige Einwanderer
War dir eigentlich klar, dass die modernen Erdbeersorten, die heutzutage in Hobbygärten, Blumenkästen und auf landwirtschaftlichen Betrieben angebaut werden, nicht von unserer heimischen Walderdbeere als Wildform abstammen? Sie stammen ursprünglich von Sorten aus Nord- und Südamerika und kamen durch ambitionierte Züchter – insbesondere über die Gärten der Königshäuser – aus Übersee zu uns nach Europa.
Schmeckt nach Sommer
Bis du mit vollem Genuss in eine reife Erdbeerfrucht hineinbeißen kannst, dauert es eine Weile – Erdbeerpflanzen brauchen Zeit. Für eine gute Ernte nehmen Hessens Erdbeerzüchter und -vermehrer schon im Juli des Vorjahres Ableger von Mutterpflanzen und ziehen daraus neue Pflanzen. Die jungen Triebe werden spätestens Mitte August auf unseren Erdbeerfeldern ausgepflanzt und bilden schon im September Knospen für das nächste Jahr. Unter einer Abdeckung überwintern und ruhen Triebe und Wurzeln der Erdbeerstaude nun bis in den März hinein. Mit dem Voranschreiten des Frühjahrs ist es dann endlich soweit: Es bilden sich neue Ausläufer und Blätter. Wenn sich die ersten Blüten im April öffnen, werden die Pflanzen aufgedeckt, damit Bienen und andere Insekten die Blüten bestäuben können.
Ab Mitte April bilden sich aus den befruchteten Blüten die ersten Früchte. Die kleinen, noch blassgrünen „Beeren“ reifen binnen weniger Wochen zu den leckeren, roten Früchten heran. In dieser Phase brauchen die Erdbeerpflanzen Sonnenschein und eine gute Wasserversorgung.
Unsere Tricks und Kniffe
Übrigens nutzen Hessens Bauern kleine Tricks zur Optimierung des Erdbeeranbaus. Zum einen streuen sie Stroh unter und zwischen den Stauden ein. Dies schützt die empfindlichen Früchte vor Nässe aus dem Boden und hält sie sauber. Zum anderen kann der genaue Reifezeitpunkt der Früchte durch das Bedecken der Pflanzen mit Vlies und durch das Auslegen von schwarzer, wärmespeichernder Folie unter der Pflanze beschleunigt werden – so kann die Frühjahrssonne optimal ausgenutzt werden.
Hessische Erdbeeren haben Heimvorteil
Insgesamt findet der Erdbeeranbau in Hessen auf etwa 150 Betrieben und 1200 ha statt. Das entspricht ca. 1600 Fußballfeldern. Im Bundesvergleich erreicht Hessen damit eine solide Position im Mittelfeld. Der Großteil der Anbauflächen für Erdbeeren befindet sich in Südhessen. Zwei Drittel unserer Erdbeerfelder werden im Freiland angelegt. Immer mehr hessische Erdbeerbäuerinnen und -bauern entscheiden sich heute aber dazu, die empfindlichen Erdbeerpflanzen geschützt anzubauen. Darunter verstehen wir, die Pflanzenreihen unter einem befahrbaren Folientunnel anzulegen. In erster Linie schützen die Abdeckungen unsere wertvollen Pflanzen vor Starkregen, Hagel, Frost, aber auch Trockenheit. Starke Niederschläge und Hagelschauer können die Früchte schnell beschädigen, wodurch sie schneller faulen. Auch können wir so die Erträge steigern, Qualitäten verbessern und sogar Pflanzenschutzmittel einsparen.
Effiziente Handarbeit im Schongang
Die meisten Sorten werden im Juni und Juli reif und glänzend rot – dann ist es endlich soweit und die Ernte kann beginnen.
Gut zu wissen: Anders als zum Beispiel Äpfel, reifen Erdbeeren nach dem Ernten nicht nach. Dies bedeutet natürlich, dass nur möglichst reife Früchte geerntet werden dürfen. Das erfordert pro Feld mehrere Erntedurchgänge an verschiedenen Tagen. Zusammen mit unseren Erntehelfern gehen wir die Reihen der Erdbeerfelder in den frühen Morgenstunden ab und lesen die reifen, druckempfindlichen Früchte von Hand direkt in Schalen und Körbchen. Dann werden sie möglichst schnell und schonend zuerst in die gekühlten Lageräume auf unseren Höfen gebracht und von dort aus schließlich weiter in unsere Hofläden, auf Märkten oder in den Supermarkt gebracht. Ihr denkt, eure Erdbeeren sind erst noch tagelang unterwegs, bevor ihr sie kaufen könnt? Es dauert meistens nicht länger als einen Tag, bis die geernteten Erdbeeren vom Feld in den Verkauf gelangen. Wem auch das zu lang ist: Seit einigen Jahren bieten wir euch auch auf vielen unserer Felder an, die Erdbeeren selbst zu pflücken.
Ein guter Pflücker erntet zwölf Kilogramm Erdbeeren pro Stunde. Würdest du auch so viel schaffen?
Noch ein paar Erdbeer-Fakten für euch:
… die Erdbeere ist eine der beliebtesten Obstsorten der Deutschen. Sie enthält viel Vitamin C. Jeder von uns isst ca. 3,5kg Erdbeeren im Jahr.
… die Erdbeere ist eine Pflanze, die sehr viel Wasser benötigt und somit auf zusätzliche Bewässerung oder ausreichende Niederschläge angewiesen ist.
… der Anbau von Erdbeeren ist deshalb so arbeitsintensiv, da die Früchte immer noch von Hand gepflückt werden müssen. In naher Zukunft ist nicht zu erwarten, dass wir hier in großem Umfang maschinelle Helfer nutzen können.
… die meisten Erdbeerpflanzen überwintern auf den Feldern und bleiben für einen zweiten Erntesommer erhalten. Länger werden die Stauden jedoch nicht auf einem Feld belassen, weil die Pflanzen sonst schneller erkranken und die Qualität sinkt